Frankreich, Somme-Mündung, Freitag, ca. 17.30 Uhr.
Wir suchen einen Stellplatz.
Unmittelbar hinter der Uferstraße beginnt der Strand, immer wieder gibt es Einfahrten. Ob man hier übernachten könnte?
Also bei der nächsten Einfahrt hinein.
Noch am Asphalt überblicke ich die Lage: Schotter, wohin das Auge reicht, am Rand dieses ebenen Geländes stehen ein paar PKW, in der Mitte eine alte LKW-Brückenwaage, rundherum sieht man Fahrspuren im Schotter. Hier wurde offensichtlich Schotter verladen, da fuhr man sicher mit schwereren LKW. Übernachten könnte man sicher, aber vielleicht gibt es noch einen schöneren Platz, z.B. mit schönerer Aussicht. Drehen wir also eine Runde und fahren wieder hinaus.
Kaum lenke ich ein, merke ich, wie das Womo über die Vorderräder schiebt! Nur in Schwung bleiben, Lenkrad etwas gerader und eben einen größeren Bogen machen! Im (beim Iveco ohnehin extrem kurzen) 1. Gang ist das Gaspedal - ohne durchdrehende Räder! - bereits durchgetreten, das Womo wird trotzdem immer langsamer! Nach einem Dreiviertelkreis stehen wir. Endgültig.
Ich hätte mich statt der Feststellung, daß hier LKW gefahren sind, besser fragen sollen, warum jetzt keine LKW mehr fahren und Schotter verladen... Die Antwort ist im Nachhinein recht simpel: die vermeitlich stabile Schotterdecke ist knappe 10 cm dick, darunter ist nur mehr Sand! Und die Räder stecken fast bis zur Achse da drinnen!
Mir ist sofort klar, daß wir hier ohne fremde Hilfe nicht mehr herauskommen.
Uli setzt einen Sprint an zu einem PKW, in dem ein älteres Ehepaar die Abendstimmung genießt. Die sind natürlich sofort hilfsbereit (sie haben ja auch gesehen, was geschehen ist!) und fahren mit Uli los, Hilfe zu holen. Erst in der dritten Werkstatt erklärt sich der Chef bereit zu helfen (Freitag, kurz vor 18 Uhr!), muß aber noch die Kassa fertig machen und das Geschäft zusperren. Dann geht es im Convoy nach Hause, wo er das Auto wechselt.
Erster Gedanke, als ich das Auto sah, war: "Und der soll mich da herausziehen?!" Er hat nämlich einen alten Berliet aus dem 2. Weltkrieg, Größe etwa des klassischen Unimogs aus den 50er Jahren.
Er stellt sich vor das Womo, hängt eine massive Kette an, legt alle Sperren ein und fahrt los. Na ja, losfahren ist vielleicht übertrieben, nachdem die Kette gespannt ist, graben sich da 4 Räder synchron in den Sand... Also so geht das nicht. Mit dem Berliet weiter nach vorne auf festen Grund und die Seilwinde bemüht. Dieses "fortschrittliche" Fahrzeug hat bereits eine Kabelfernbedienung für die Seilwinde und so stellt sich unser Helfer hinter seinen Berliet mit Blickrichtung zu uns. Das Seil spannt sich, doch statt daß wir zum Berliet gezogen werden, kommt der zu uns!
Der dritte Versuch mit vier untergelegten Keilen und das Seil über eine Umlenkrolle (Flaschenzug) ist letztendlich erfolgreich - wir haben die letzen 10 m im weichen Untergrund, die uns noch fehlten, auch geschafft!
In der Zwischenzeit mußte Uli nur noch ein deutsches Womo aufhalten, die suchten auch einen Übernachtungsplatz, wollten aber nicht ganz alleine stehen und beschlossen daher, sich zu uns stellen...
Nachdem wir das Finanzielle mit dem Abschlepper erledigt haben (so weit ich mich erinnere 50 oder 70 Euro), bedankten wir uns bei dem netten Ehepaar noch mit ein paar Dosen österreichischen Bieres.
Spät, aber doch begannen wir erneut einen Stellplatz zu suchen, den wir auch bald fanden. Auf Asphalt.
Roland