Beiträge von speedcamper im Thema „WoMo ohne Stellplatz und ohne Fremdstrom überwintern * Wie klappt das?“

    Deshalb konkret an dich nochmal meine Frage, warum man Schukostecker immer "gleich stecken" sollte. Da rätsel ich immer noch drüber nach.


    Mich befremdet auch immer, wenn ich Leute mit unabgerollten Kabeltrommeln hantieren sehe (dazu muß man nicht E-Technik studiert haben, das ist Physik Schulniveau).


    Mal unabhängig von Trommeln, IP KLassen und zu kleinen Querschnitten: wie lösen Baustellen denn das Stromproblem? Die brauchen doch wasser-/frostfeste Lösungen zur Stromzufuhr (tw sogar Starkstrom), die gesetzeskonform sind und die ihnen das Gewerbeaufsichtsamt nicht um die Ohren haut.

    Nach dem Studium der Elektrotechnik habe ich nie auf dem Beruf gearbeitet – liegt alles etwa vier Jahrzehnte zurück und das Wissen ist etwas eingerostet. Zudem habe ich mich während des Studiums dem neuen Fach der Informatik gewidmet. Aber um selber Kleinigkeiten im Haus zu verdrahten und gesetzeskonforme Kabel herzustellen, reicht’s grad noch. Ich lasse das aber normalerweise von einem befreundeten Elektroinstallateur kontrollieren.

    Zuerst etwas Grundlagen zu Elektrizität

    Die Zuleitung in ein Haus enthält vier Adern: die drei Phasen L1, L2, L3 und den Neutralleiter N (Nullleiter). Dies ist der sogenannte 400Volt-Drehstrom oder Dreiphasenwechselstrom. Innerhalb des Hauses kommt noch eine weiter Ader hinzu: der Schutzleiter PE. Unterscheiden kann man sie an den Phasen:

    • Phase L1 – braun – spannungsführend
    • Phase L2 – schwarz – spannungsführend
    • Phase L3 – grau – spannungsführend
    • Neutralleiter N – blau – im «Leerlaufzustand» nicht spannungsführend
    • Schutzleiter PE – gelb/grün – nur im Störungsfall spannungsführend (PE heisst «Protection Earth» - damit werden vor allem Metallgehäuse geerdet.)

    Wird die Spannung zwischen einer Phase Lx und dem Neutralleiter gemessen, sollten (in etwa) 230 Volt anliegen, bezeichnet als Sternschaltung. Misst man die Spannung zwischen zwei Phasen, ergibt sich die «verkettete Spannung» von 230 Volt * √3 = 400 Volt. Drehstrom heißt es darum, weil die elektrischen Schwingungen (Amplituden) der Phasen um 120° verschoben sind. Dies lässt sich sehr gut verwenden, um Motoren anzutreiben.

    Im Haushalt sind üblicherweise nur Kochfeld und Backofen/Steamer am 400V Netz angeschlossen. In Werkstätten sieht man oft die 400 Volt CEE-Steckdosen zum Anschluss von 400 Volt Geräten.

    Die Hausverkabelung wird üblicherweise so bewerkstelligt, dass je ein Drittel der Verbraucher an einer Phase hängt -> zum Beispiel L1 (Phase), N (Neutralleiter) und PE (Schutzleiter). Daher hat ein 230 Volt Kabel meist 3 Adern oder mindestens zwei: Phase und Neutralleiter (zum Beispiel bei Nachttischlampen). Geräte mit Metallgehäuse sind aber dreiadrig mit Schutzleiter PE anzuschliessen – damit wird das Gehäuse geerdet und wird nicht unter Strom stehen können.

    Jetzt beantworte ich mal die «Frage, warum man Schuko-Stecker immer "gleich stecken" sollte.»

    Das Schuko (Schutzkontaktstecker) System wurde nach dem zweiten Weltkrieg erfunden, damals war das Drehstromnetz noch als 3 * 127 Volt, das heißt, zwischen einer Phase und dem Neutralleiter stand eine Spannung von 127 Volt an (Sternschaltung) und zwischen den Phasen (Dreieckschaltung) 230 Volt. Damals war der Unterschied, wie ein Schuko eingesteckt wurde, für die Sicherheit unerheblich. Damals war auch noch nicht festgelegt, wie Phase und Neutralleiter an der Steckdose anliegen müssen. Normalerweise wurde die Anordnung allerdings im ganzen Haus gleich gehalten.

    Bei den heutigen 230 Volt / 400 Volt Installationen hingegen liegt zwischen der Phase und der Erde immer die volle Spannung an. «Spannend» wird dies bei den oben erwähnten Nachttischlampen: da ist es nicht unerheblich, ob die Spannung am Fusskontakt oder am leichter zu berührenden Gewinde anliegt. Leider ist das Schukosystem veraltet und sollte durch ein verpolungssicheres System ersetzt werden, wie es zum Beispiel in Großbritannien oder auch der Schweiz üblich ist.

    Darum gibt es für starke Verbraucher eine neue Norm: CEE (ICE 60309), welche eine wesentlich höhere Sicherheit aufweist:

    • verpolungssicher
    • Ab 50 Volt Schutzkontakt
    • Schutzart mindestens IP44 (Wasser), ab 125 A IP67 erforderlich (z.B. Baustelle)
    • Ab 63 A optional ein Pilotkontakt gegen Funkenbögen bei belastetem Trennen

    CEE gibt es in verschiedenen Leistungsklassen:

    • 20 – 25 Volt – violett – ohne Schutzkontakt
    • 40 – 50 Volt – weiß – ohne Schutzkontakt
    • 100 – 130 Volt – gelb – spezifisch Großbritannien
    • 200 - 250 Volt – blau – drei Pole – maximal 16A Dauerlast – verpolungssicher - blau
    • 380 – 480 Volt – rot – fünf Pole – 16A, 32A, 63A, 125A – verpolungssicher - rot
    • 500 – 690 Volt – schwarz
    • 20 – 500 Volt - grün – über 60 Hz

    Für unsere Betrachtung sind nur blau und rot interessant. Im Camping-/Stellplatzbereich ist die blaue CEE verbreitet und Schuko nicht mehr zulassungsfähig – bei oben angeführten Betrachtungen verständlich.

    "Mich befremdet auch immer, wenn ich Leute mit unabgerollten Kabeltrommeln hantieren sehe (dazu muß man nicht E-Technik studiert haben, das ist Physik Schulniveau)."

    Ja - mich auch! Man schaue sich mal ein Typenzulassungsschild einer qualitativ hochwertigen Kabelrolle wie Brennenstuhl an – dort stehen zwei wichtige Kennzahlen (Beispiel):

    • Ca. 1000W/230V bei aufgewickeltem Kabel
    • Ca. 3300W/230V bei abgerolltem Kabel

    Ergo weniger als ein Drittel der zulässigen Leistung bei nicht abgewickeltem Kabel. Hochwertige Kabelrollen haben aber eh einen Temperaturschalter, welcher als Sicherung bei Überhitzung fungiert. Wenn man dann noch zusachauen muss, dass die aufgerollten Kabelrollen unters Reisemobil gewurstelt werden, damit sie nicht nass werden, sträuben sich mit die Nackenhaare. Wenn man dann sich erinnert, dass der berühmte «Heizwürfel» Ecomat eine maximale Anschlussleistung von 1800Watt hat...

    Externer Inhalt www.youtube.com
    Inhalte von externen Seiten werden ohne Ihre Zustimmung nicht automatisch geladen und angezeigt.
    Durch die Aktivierung der externen Inhalte erklären Sie sich damit einverstanden, dass personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr Informationen dazu haben wir in unserer Datenschutzerklärung zur Verfügung gestellt.

    Schuko im Haushalt

    Dort gibt es noch die fast esoterisch-voodoo-mässige Betrachtung der Audiophilisten. Dies Thema heißt «Ausphasung». Dort wird behauptet, dass das Umdrehen eines Schuko eine bessere Klangwelt erzeugen kann – mag sein. Sicher hilft es aber, bei 50Hz-Brummgeräuschen die Schukos des gestapelten Verstärkers oder des Vorverstärkers mal andersrum einzustecken. Bei mittelprächtigen HiFi-Anlagen können die Transformatoren sonst Brummgeräusche bei gestapelten Rackgeräten oder über die Cinch-Verkabelung erzeugen, dann kann man es durch das anders Einstecken des Schuko versuchen. Bei hochwertigen Anlagen wie Naim werden aber eh Ringtransformatoren eingesetzt, welche weniger Störstrahlung erzeugen, oder die heute eingesetzten optischen Verbindungen mindern das Problem des Brummens.

    "Mal unabhängig von Trommeln, IP KLassen und zu kleinen Querschnitten: wie lösen Baustellen denn das Stromproblem?"

    Ganz einfach: CEE-Verbindungen (230 Volt blau, 400 Volt rot 16A – 125 A), genügend dicke Aderquerschnitte und sogenannt Baustellenverteiler oder Baustromverteiler.

    https://www.walther-werke.de/fileadmin/walt…er-Details1.png

    Fazit:

    • Im Haus gibt Schuko meistens keine Probleme – wie auch immer eingesteckt
    • Im Camping-/Stellplatz-Umfeld ist CEE blau 2.5mm2 die einzig richtige Lösung
    • Adapterlösungen von CEE auf Schuko sind aufgrund der mangelhaften (Dauer-)Strombelastung und der fehlende Verpolungssicherheit des Schuko nicht vernünftig.

    Hoffe, dass Durcheinander hat etwas Licht ins Durcheinander gebracht!

    PS: In der Elektromobilität ist das Problem der verschiedenen Adapter bei den hochwertigen mobilen Ladestationen (wie zum Beispiel Juice Booster) sehr elegant gelöst. Die Ladestation erkennt, welcher Adapter angesteckt wird und regelt den maximalen Ladestrom für den angeschlossenen Stecker bis auf 10 A herunter. Auch befindet sich beim JB im Stecker ein Temperatursensor, welcher Überhitzung des Stecker erkennt.

    https://www.youtube.com/watch?v=xu-vaRVu0T8

    Ab Minute 4:53 über die Adapter und bei 9:00 über die verschmorten Steckdosen bei Überlast.

    Die 1,5 qmm können es nicht sein, da noch tausendfach in Benutzung.

    Der Schukostecker kann es auch nicht sein, denn dann müsste ja jeder Platz der noch über Schukosteckdosen statt CEE Steckvorrichtungen verfügt sofort wegen Sicherheitsmängel

    Nein - als Argumentation für einen gesetzeskonformen Zustand kann dies sicher nicht eingebracht werden. Wenn es noch solche Campings und Stellplätze gibt, finde ich dies nicht lobenswert, sondern eher befremdlich. Als Elektroingenieur sehe ich ganz konkret die Gefahren für die unbedarften User...

    Auf der anderen Seite der Leitung kommt ein ganz normaler 230 Volt Schuko-Stecker, denn wir laden ja unser Reisemobil nur mit 230 Volt und nicht mit 400 Volt.

    Als Schuko-Stecker wählt man hier natürlich eine stabile Gummi-Ausführung.


    So werden doch jeden Tag auf den Campingplätzen tausende Reisemobile geladen.

    Ob dann auf der einen Seite ein Schuko-Stecker oder ein " Blauer 230 V CEE Stecker " ist, das ist in der Sache belangslos.

    Auch wenn so "jeden Tag auf den Campingplätzen tausende Reisemobile geladen" werden, heißt das noch nicht, dass dies richtig ist:

    "Schutzkontaktsteckdosen sind für die Versorgung der Stellplätze nicht erlaubt"

    https://www.vde-verlag.de/buecher/lesepr…19_PROBE_01.pdf